Die besonders interessanten Geschäfte wurden dadurch meist vor den großen Auktionen abgewickelt. Immer wieder fuhr der Girgl  außerdem mit der Karwendelbahn nach Innsbruck um dort, wie er seiner Frau sagte,  ein zweites Standbein im österreichischen Viehhandel -Markt aufzubauen. Seine durch die kühne Streckenführung und die vielen, dem Girgl  eigentlich unheimlichen Tunnel geprägte Zugfahrten nach Innsbruck gaben ihm das Gefühl ein richtig wichtiger Geschäftsmann, „…eben was Bsunders“, zu sein. Deshalb trat er diese ihm fast abenteuerlich anmutenden Reisen durch die herrlich-schroffe  Berglandschaft stets im Sonntagsgewand an und gönnte sich sogar eine Fahrkarte 1. Klasse im Karwendelexpress. Immer kehrte er von diesen Innsbruck-Reisen zufrieden und glücklich zurück. Seltsam war nur, dass sich kein Geschäft in Österreich entwickeln wollte.

Eines Tages klagte er plötzlich über Schmerzen im Unterleib und ein starkes Jucken und Brennen. An den Folgetagen  hatte er sogar einen eitrigen Ausfluss aus seinem vermeintlich „besten Stück“. Dies beunruhigte ihn sehr und er fasste sich ein Herz und ging, so unangenehm es ihm auch war, zum Arzt. Dieser erklärte ihm nach einer eingehenden Untersuchung, dass er an einer veritablen Gonorrhoe erkrankt sei.  „Gomorra was?“ fragte der Girgl verängstigt nach, weil er dachte  die Krankheit sei so schwer, dass sie gleich einen lateinischen Name  brauchte. Der Arzt erklärte ihm, dass es sich dabei um eine andere Bezeichnung  für eine Tripper- Erkrankung handelt und diese sehr ansteckend sei. Der Bauerngirgl war entsetzt und lehnte die Diagnose – „Deijs geits doch gor it – do deischts enk!“ zunächst entschieden ab.  Der Arzt aber wollte und musste genau wissen, wo er sich mit dieser  Krankheit infiziert hatte,  da er  notwendige Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung zu treffen hatte. Er bedrängte den Girgl auszupacken und die Wahrheit zu sagen, doch der verweigerte sich standhaft, konnte sich „…an nix mehr erinnern“ und  erfand ständig neue Ausreden. Plötzlich aber hob der Girgl den Finger:“ Itz foills ma ei Dokta, itz woass i’s- i hon nacht an meim Bulldog an Reifen gwechselt, dejs war a rechte Dreggsarwat und gwiss is dejs do passiert!“

Da wurde der Arzt ärgerlich und sagte zum Girgl  dass er jetzt  dessen Frau anrufen würde um Genaueres zu erfahren und sie zu informieren. Und genau das  war das entscheidende Argument um den Girgl zum Reden zu bringen. Der erzählte daraufhin dem aufmerksam zuhörenden Arzt endlich von seinen Gewohnheiten und seinen Erlebnissen und Begegnungen der letzten  Wochen. Im Rahmen dieser Erzählungen kam auch das Thema der “Geschäftsreisen“ nach  Innsbruck zur Sprache und der Girgl gestand, dort  regelmäßige Bordellbesuche  und  schöne Stunden mit wechselnden Damen zu genießen. Dadurch war die Ursache der Tripper-Erkrankung schnell eingegrenzt, der Arzt konnte die notwendige  Behandlung mit Antibiotika einleiten und der Girgl gesundete schnell. Weitere Reisen nach Innsbruck unternahm der Girgl nicht mehr und erklärte dies  seiner Frau mit den schwierigen österreichischen Marktumständen im Viehhandel.   Die Krankheit selbst verschwieg er seiner Frau. Ansonsten hatte er für die “Truller Weiberleit“ - im Gegenteil  zu früher- kein gutes Wort mehr über.

 

Der Reifenwechsel Bauerngirgl - Ein Werdenfelser Gschichterl von Alexander Möbius (Copyright)